Afrika - ein missbrauchter Kontinent

Wenn wir von Afrika reden, meinen wir in der Regel den Teil Afrikas, der südlich der Sahara liegt. Oft bezeichnet man diesen Teil auch als Schwarzafrika. Lange Zeit kannte man nur die Länder, die im Norden an das Mittelmeer grenzen. Die Sahara hatte im Verlauf der Jahrhunderte eine getrennte Entwicklung in Afrika verursacht. Nordafrika stand stark unter dem Einfluss der arabischen Kultur. Dort findet man kaum dunkelhäutige Menschen. Anders als in Schwarzafrika. Die Gebiete jenseits der Sahara hatten keinen Kontakt zu Europa. Selbstverständlich führten auch Wege durch die Sahara und besonders die Tuaregs, ein nomadisches Wüstenvolk, betrieben den Handel durch die Wüste. Auf Handelswegen gab es Verbindungen bis ins ferne China.

Obwohl einige afrikanische Völker auf der Stufe von Sippengesellschaften standen, entwickelten sich in Schwarzafrika viele Staaten und Königreiche mit hoher Kultur. Arabische und portugiesische Reiseberichte und zahlreiche mündliche Überlieferungen zeugten vom Fortschritt in dieser Zeit. Gepflegte Landkultur, hoch entwickelter Terrassenbau, künstliche Bewässerung, Metallgewinnung und -verarbeitung, spezialisiertes Handwerk wie Tuchherstellung und Färben und mannigfaltige Handelsbeziehungen scheuen keinen Vergleich mit anderen Kulturen.

Innere Machtkämpfe schwächten diese Staaten oft, so dass sie sich angreifbar machten. Der Islam gewann an Einfluss. Dies geschah nicht nur durch den Heiligen Krieg, dem Djihad, sondern ebenfalls auf friedlichem Wege durch den Handel. Blühende Städte wie beispielsweise Timbuktu waren das Ergebnis dieser Berührung beider Kulturen.

 

Sklavenjagd

Afrika weckte die Neugier der Europäer, weil es auf dem Weg nach Indien umsegelt werden musste. 1462 begannen die ersten Schiffsexpeditionen ausgehend von Portugal unter der Führung von Heinrich dem Seefahrer. Andere europäische Staaten folgten ihnen Ende des 16. Jahrhunderts. Es herrschte ein erbitterter Konkurrenzkampf zwischen Portugal, den Niederlanden, Frankreich und England. Zugleich erkundete man das Land dieses Kontinentes. Man war gierig nach Gold und Elfenbein. Um dies zu bekommen, startete man regelrechte Raubzüge. Auch Sklaven erbeutete man ganz gezielt. Sie waren ein kostbares Handelsgut. Dem atlantischen Sklavenhandel fielen nach vorsichtigen Schätzungen 100 Millionen Afrikaner zum Opfer. Es waren besonders die jungen und kräftigen Menschen, die in die Sklaverei geführt worden. Die Europäer jagten die Afrikaner an den Küsten, die Sklavenjagd im Innern wurde von Afrikanern selbst durchgeführt. Ganze Landstriche wurden entvölkert, bestehende Königreiche, wie beispielsweise das Kongoreich, wurden vollkommen zerstört. Stagnation der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung bis ins Zentrum Afrikas war die Folge.

 

Dreieckshandel

Es wurde ein "Dreieckshandel" betrieben: Von Europa aus fuhren mit Textilien oder Manufakturwaren beladene Schiffe nach Afrika. Dort "tauschte" man die Ladung gegen versklavte Einheimische ein. Die Schiffe nahmen Kurs auf die europäischen Kolonien Amerikas, wo die Sklaven verkauft wurden. Auf dem mehrere Wochen andaurenden Seeweg transportierte man die angeketteten Sklaven zusammengepfercht unter unwürdigsten Bedingungen. Viele von ihnen verdursteten oder starben aus Entkräftung. Aus dem Erlös für die Menschensklaven erwarb man in Amerika zum Beispiel Zucker, Kaffee, Baumwolle, Tabak oder Indigo. Diese Gütern verschiffte man in die Heimat und verkaufte sie Gewinn bringend an europäische Händler. 1807 kam es zum Verbot des Sklavenhandels, und zunächst verloren die europäischen Großmächte ihr Interesse an neuen Eroberungen Afrikas.

 

Kolonisation

Die europäische Kolonisation verhinderte jede afrikanische Entwicklung. Die Kluft zu Europa wurde immer größer. Europa profitierte vom Niedergang Afrikas, weil Afrika ungeheurere Mengen an Rohstoffe besaß. 1884/85 wurde auf der Berliner Kongo Konferenz die endgültige Aufteilung Afrikas in Kolonien beschlossen. Die Hauptkolonialmächte waren Großbritannien, Frankreich, Portugal, Belgien und Deutschland. 1900 waren 90,4 % Afrikas im Besitz der europäischen Kolonialmächte. Afrika wurde eine Quelle billiger Arbeitskräfte und wertvoller landwirtschaftlicher Rohstoffe sowie Bodenschätze. Es wurde wirtschaftlich ausgebeutet und war zugleich in der Weltpolitik stimmenlos. Man plünderte dabei nicht nur die Schätze des Landes, sondern man beraubte die Einheimischen um all ihre Rechte. Die Kolonialisten bestimmten über die Politik, die Wirtschaft und über die dort lebenden Menschen.

 

Grenzbildung

Wirft man einen Blick auf die politische Karte Afrikas, so stellt man verblüfft fest, dass manche Grenzen über Hunderte, ja Tausende von Kilometern wie eine Gerade verlaufen, was für Landesgrenzen völlig untypisch ist. Diese Grenzen wurden von den Europäern ganz willkürlich gezogen. Die Landesgrenzen, die die Kolonialisten zurückließen, entsprachen nicht den ursprünglichen Grenzen zwischen den Völkern, die jeweils ihre eigene Sprache, Religion oder Kultur hatten. Sie gingen durch Stammesgebiete und Königreiche einfach hindurch und teilten sie. Nationalstaaten, wie sie in Europa durch Jahrhunderte hinweg gewachsen waren, konnten in Afrika nicht entstehen. Man fügte zusammen, was nicht zusammen gehörte. So kam es nach dem Aufheben der Kolonien zu gewalttätigen

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts wurden die Kolonien von ihren Besatzungsmächten nacheinander in die Freiheit entlassen. Nach einer Phase der ersten Euphorie wurde klar, dass sich an den wirtschaftlichen und sozialen Begebenheiten der Menschen kaum etwas ändern würde. Es entstand ein Nährboden für Unruhen und Aufstände. In vielen afrikanischen Staaten gab es Bürgerkriege. Die Kolonialmächte hatten sich ihren Einfluss gesichert. Sie unterstützten oftmals die herrschende Schicht mit Verträgen, Geld und Waffen, um weiter den Zugriff auf die Bodenschätze zu haben. In vielen Staaten entstanden Diktaturen.

 

Bodenschätze

Die Bodenschätze bilden den eigentlichen Reichtum Afrikas. In großen Mengen findet man Erdöl, Erdgas und Kohle, aber auch die Förderung von Diamanten, Gold, Kobalt, Chrom, Lithium und Odium u.a. wird intensiv betrieben. Die einfache Bevölkerung erhielt nichts von diesem Reichtum. Afrika wurde für die Weltwirtschaft Rohstofflieferant und auf der anderen Seite war es Absatzmarkt für Fertigprodukte. Die niedrigen Preise für die Rohstoffe und die hohen für die Fertigprodukte haben die Verschuldung Afrikas in astronomische Höhen wachsen lassen. Trotz seines Reichtums an Rohstoffen ist Afrika das Armenhaus der Welt. Unter den zehn ärmsten Ländern der Welt liegen allein sieben in Afrika.

Das Anlegen von Plantagen in Monokulturen wie Kakao, Kaffee, Bananen und Zitrusfrüchten im Zusammenhang mit Dürreperioden und der stark steigenden Bevölkerungszahl ließen die Nahrungsmittelproduktion stark sinken. Unterernährung, Hunger und epidemische Krankheiten waren die Folge. Heute muss Afrika sogar einen Teil seiner Nahrungsmittel importieren. Einstmals galt Nordafrika als die Kornkammer des römischen Reiches.