Alchemie

Die beiden Aspekte der Alchemie

Die Alchemie ist ein alter Zweig der Naturphilosophie und beinhaltet zwei wesentliche Ziele. Das erste Ziel ist die Vervollkommnung der unedlen Metalle, d.h. deren Umwandlung in Silber und Gold. Dieser Prozess wird auch als Transmutation bezeichnet und umfasst den naturwissenschaftlichen Aspekt der Alchemie.

Das zweite Ziel ist Vervollkommnung der Seele des Alchemisten durch seine Arbeit. Hierbei wird unter anderen die Verlängerung des Lebens bzw. Unsterblichkeit angestrebt. Es handelt sich um den spirituellen Aspekt.

 

Das Große Werk

Das "Große Werk" des Alchemisten besteht darin, den "Stein der Weisen" zu erschaffen. Es handelt sich dabei um ein rotes Pulver, mit dessen Hilfe man unedle Metalle in Gold umwandeln, ein ewiges Licht erzeugen oder ein Lebenselixier herstellen kann, das dem Anwender dauerhafte jugendliche Gesundheit und ein ewiges Leben verleiht. Die Herstellung des Steins der Weisen erfolgt nach uralten, in einer Geheimsprache verfassten Rezepturen.

Im 12. und 13. Jh. gelangten lateinische Übersetzungen der arabischen Fachliteratur über Spanien und Süditalien ins christl. Europa. Von hier aus nahm die Tradition christlich-abendländischer Chemie ihren Anfang.

Kleriker, welche christliche Alchemisten anfänglich ausnahmslos waren, gingen von dem Gedanken aus, mittels des lapis philosophorum die Materie in ihre höchste Existenzform - Gold - verwandeln zu können, analog der Erlösung des Menschen durch Christus.

Dabei kamen andere, gleichsam unbeabsichtigte Erkenntnisse zutage. Besonders bei der Destillation wurden Fortschritte gemacht: die Kühlung mittels Wasserschlange ermöglichte die Kondensation niedrigsiedender Flüssigkeiten wie des Alkohols. Auch die Herstellung starker Säuren (Essigsäure, Schwefelsäure, Salpetersäure) war jetzt möglich. Derartige empirische Errungenschaften wurden indes ständig von schwärzestem Aberglauben überwuchert, stand die Alchemie doch ganz im Bann der magischen Künste.

 

Die vier Elemente

Der alchemistischen Theorie lag die Vorstellung zugrunde, dass alle Materie aus den vier Elementen Erde, Luft, Feuer und Wasser bestünde und, nach Rückführung in den qualitätslosen Urzustand, in jeden gewünschten Stoff umgewandelt werden könne. Für diese Stoffumwandlung (Transmutation) waren bestimmte Beschwörungs- und Gebetsformeln sowie die Berücksichtigung astrologischer Konstellationen von wesentlicher Bedeutung. Nachdem der Stoffumwandlung, besonders der Herstellung von Gold und Silber aus anderen „Prinzipien" kein Erfolg beschieden war, suchten die mittelalterlichen Gelehrten nach einem Wundermittel, dem „Stein der Weisen". Diesem Agens, das man als Endprodukt eines langwierigen alchemistischen Verfahrens zu gewinnen hoffte, wurde zugetraut, unedle Stoffe in Gold umzuwandeln. Daneben galt es als Ausgangsstoff für das „Elixir vitae" genannte Universalheilmittel und für das Universallösungsmittel „Alkahest" (menstruum universale).

 

Meilensteine der Alchemie

Viele wichtige Erfindungen, die das Alltagsleben damals prägten, haben wir den Alchemisten zu verdanken. So gelang Al-Rhazi um 900 die Gewinnung reinen Alkohols durch die Destillation von Wein. Daraufhin wurde reiner Alkohol als antiseptisches Mittel eingesetzt, um Infektionserkrankungen z.B. in Krankenhäusern einzuschränken und bewahrte so viele vor dem Tod.

1707 gelang dem deutschen Alchemisten Johann Friedrich Böttger die Herstellung des „europäischen Porzellans".

Auch weniger positive Erfindungen der Alchemisten prägten die Geschichte. Das Schwarzpulver, welches vermutlich zuerst von den chinesischen Alchemisten im 12. Jh. wiederentdeckt wurde, erwies sich als neue und wirkungsvolle Waffe.

 

Namhafte Alchemisten

Zu den herausragenden mittelalterlichen Gelehrten, die sich mit Alchemie beschäftigten, zählten Michael Scotus, Robert Grosseteste, Roger Bacon, Albertus Magnus und Arnaldus de Villanova.

 

Das Goldmacherkunstwerk wird von der Kirche verboten

Wenn auch die Alchemie und die Goldmacherkunst vom 10. Jh. an zunächst in den Klöstern, später an fürstlichen Höfen gefördert und gepflegt worden war, so geriet sie im Spätmittelalter in den Ruch eines Teufelswerks oder bewusster Betrügerei. 1317 erließ Papst Johannes XXII. eine Bulle gegen Alchemisten und Goldmacher. Aus dem 14./15. Jh. stammen entsprechende Verbote aus Frankreich, England Italien und Deutschland (z.B. Nürnberg, 1493).