Caesar und seine Soldaten

Der römische Schriftsteller Sueton berichtet:

Seine Soldaten beurteilte er weder nach ihrer Moral noch nach ihrer äußeren Stellung, sondern nur nach ihren militärischen Fähigkeiten, und behandelte sie mit gleich viel Strenge wie Nachsicht; er hielt sie nämlich nicht überall und zu jeder Zeit fest in der Hand, aber immer dann, wenn der Feind in der Nähe war: In einem solchen Moment forderte er allerdings strengste Disziplin, gab weder den Zeitpunkt des Abmarsches noch des Kampfes bekannt, alles musste immer alarmbereit sein, und plötzlich ließ er das Heer ausrücken, wohin er wollte, öfters machte er dies auch ohne besonderen Grund; mit Vorliebe, wenn es regnete, oder an Feiertagen. Weder nahm er alle Vergehen zur Kenntnis noch bestrafte er sie ihrer Schwere ent­sprechend, war aber gegenüber Deserteuren und Meuterern ein sehr strenger Richter und Rächer; im Übrigen drückte er ein Auge zu. Manchmal nach einer großen sieg­reichen Schlacht befreite er seine Leute von jeder Dienstleistung und erlaubte ihnen, herumzustreifen und sich jedem Vergnügen hinzugeben, indem er sich zu brüsten pflegte, seine Soldaten könnten auch gut kämpfen, wenn sie parfümiert seien. Bei Ansprachen redete er sie nicht mit „Soldaten", sondern mit dem schmeichelhafteren „Kameraden" an, und er hielt auch auf ihr Äußeres: so stattete er sie mit silber- und goldverzierten Waffen aus, einmal des Aussehens wegen, dann auch, damit sie im Kampfe eher darauf achteten und Angst hätten, sie zu verlieren.

 

Der römische Schriftsteller Plutarch berichtet weiter:

Als die Legionen vom ersten spanischen Feldzug nach Oberitalien zurückkamen, fanden sie das Plünderungsergebnis des Krieges unzureichend und begannen zu meutern in der schamlosen Berechnung, dass Cäsar beim damaligen Stand des Krieges sie niemals entbehren konnte. Die IX. Legion machte den Anfang. Cäsar trat unbeug­sam vor die Versammlung, erklärte, er werde die IX. nach Kriegsrecht dezimieren und den Rest entlassen. Als nun die Legionäre völlig gebrochen ihn baten, sie ja nicht zu entlassen, verlangte er die Nennung der Rädelsführer und ließ dann diese dezimieren. Dann erst bewilligte er den zu Bettlern gewordenen Erpressern den Fort­bestand der IX. Legion. Drei Jahre später erhielten die in Kampanien liegenden Veteranenlegionen, unter ihnen auch die X., den Befehl zum Abtransport auf den neuen Kriegsschauplatz in Afrika. Da brach bei den altgewordenen Landsknechten die Forderung nach Beendigung des Krieges und nach Gewährung der lange ver­sprochenen Belohnungen hemmungslos hervor, sie meuterten und begannen zu plün­dern. Abgesandte Cäsars vertrieben sie oder schlugen sie tot, schließlich wälzten sich die Legionen unter schweren Gewalttaten von Kampanien nach Rom, um dort ihren Imperator persönlich zu stellen. Cäsar trat ihnen auf dem Marsfeld entgegen - einer gegen viele tausende bewaffnete Wahnsinnige. Auf ihre Forderung nach Entlassung, Land und Lohn erwiderte er: „Bürger, ihr seid entlassen! Selbstverständlich erhaltet ihr alles, was ich euch versprochen habe. Nur müsst ihr noch etwas warten, denn jetzt gerade habe ich Wichtigeres zu tun, ich muss nach Afrika. Wenn ich dann aber heim­komme und an der Spitze meiner siegreichen Truppen feierlichen Einzug in Rom gehalten habe - ihr könnt ja daran leider nicht teilnehmen, da ihr entlassen seid -, dann möget ihr euch wieder bei mir melden." Das war der ganze Cäsar, der so zu ihnen sprach, unerschrocken, streng und stolz. Wie sie ihn vernahmen, wurden sie, magisch berührt, wieder zu Soldaten Cäsars, baten in Reue und Zerknirschung, dass er sie mitnehme nach Afrika. Am Ende gab er nach, selbst tief erschüttert, und ge­währte den Legionen Verzeihung. Doch sorgte er dafür, dass auch hier die Anstifter getroffen wurden, indem er sie im kommenden Krieg auf verlorenen Posten verwenden ließ.

Bei seinen Leuten war Cäsar so beliebt, dass sie für seinen Ruhm mit unwidersteh­lichem Mut in die größten Gefahren gingen, obwohl sie doch vor den Soldaten anderer Feldherren nichts voraushatten. In Britannien waren die vordersten Hauptleute einst in sumpfiges Gelände geraten und wurden dort von den Feinden überfallen. Da stürzte sich vor Cäsars Augen ein einfacher Soldat mitten unter die Kämpfer und rettete die Hauptleute mit seinem Heldenmut, während die Feinde flohen. Er selbst sprang zuletzt in das sumpfige Wasser und kam schließlich teils schwimmend, teils watend glücklich zurück, nur seinen Schild hatte er im Stich lassen müssen. Cäsar ging ihm voll Bewunderung entgegen und rief ihm ein Wort freudiger Anerkennung zu. Doch der Soldat war fast verzweifelt und warf sich Cäsar zu Füßen. Weinend bat er um Gnade, weil er seinen Schild verloren hatte.

Auch dadurch gewann er die Herzen seiner Leute, dass ihm keine Gefahr zu groß war, dass er alle Mühen und Strapazen mit ihnen teilte. Freilich bewunderte man seinen Mut in den Gefahren nicht besonders, weil man seinen Ehrgeiz kannte. Doch die Energie, mit der er trotz seines schwachen Körpers alle Strapazen auf sich nahm, setzte alle in Erstaunen. Er war hager von Gestalt und hatte eine zarte, weiße Haut. Dabei litt er stark unter Kopfschmerzen und an Epilepsie. Gewiss hätte er auf Grund seiner Kränklichkeit sich schonen können, statt dessen versuchte er, sie durch das Kriegsleben zu heilen, kämpfte durch lange Fußmärsche, karge Kost, steten Aufent­halt im Freien und Strapazen gegen das Übel und härtete seinen Körper dadurch ab.