Die Landschaft Germaniens

Zwei mächtige Ströme furchen das Antlitz von Europas Mitte. Der Rhein dreht nach seinem jugendlichen Lauf durch die Schweizer Täler in jähem Schwenken um den Schwarzwald, durchbricht das Deutsche Mittelgebirge und sucht sich in süd-nördlicher Richtung unbeirrt sein Mündungsziel. Nachbarlich dem Knie des Oberrheins entspringt der andere Hauptstrom, die Donau. Sie begleitet sorgsam den Zug der Alpen, die sich gegen Osten hin mit welligem Waldgesenke im Tiefland verlieren. Die beiden großen Wasseradern bilden zusammen einen mächtigen Winkel. Gegen Nordosten umschloss dieser in grauer Vorzeit ein unbekanntes Gebiet. Neugierig schauten die sonnengewöhn­ten Menschen des Südens über die Stromesbreiten landeinwärts, senkten ihre Blicke in das fremde Dunkel der gegenüberliegenden geheimnis­vollen Wälder und trostlosen Sümpfe und füllten den rätselhaften Raum mit Sagen und Mären. Wenn wir in den Büchern damaliger Schriftsteller nachblättern, so begegnen uns die seltsamsten Fabeln. Aber schon lange vor der Zeit der ersten schriftlichen Überlieferungen waren die Gebiete bewohnt. Eine sehr sorgfältige Forschung hat die sagenhaften Nebelschwaden, die über dem Lande lagerten, weggescheucht und uns ein klares Bild schauen lassen.