Niederlande und das Wasser

Nach dem 30-jährigen Krieg kam es 1648 im Rahmen des Westfälischen Friedens zur Unabhängigkeit der vereinigten Provinzen der Niederlande, die zuvor von Spanien abhängig waren. Als blühendes Gewerbegebiet mit über 200 Städten, von denen Antwerpen und Rotterdam 50% der Welthandelsgüter umschlugen, erbrachten die Niederlande zuvor für die spanische Krone eine siebenmal höhere Steuerleistung als der Ertrag des amerikanischen Silbers ausmachte. Nach dem 30-jährigen Krieg wurden 1648 die Niederlande unabhängig.

Damit begann ein steiler Aufstieg der Nation. Die Niederlande wurden zu einer der stärksten Seefahrt- und Handelsnationen der Welt. Während des 16. Jahrhunderts entstanden an den Küsten der Niederlande immer neue Häfen. Von dort aus segelten die Niederländer bis nach Südamerika und Südostasien. Das heiß begehrte Holz für den Bau aufblühender neuer Städte und für den Schiffsbau kam zum größten Teil aus dem Schwarzwald. Flößer aus Süddeutschland transportierten die kostbaren Stämme hunderte Kilometer mühevoll über den Rhein. Reich wurde die Niederlande also durch das Wasser. Fischerei und Handel machten das kleine Land einst zur Weltmacht.

Aber das Wasser brachte nicht nur Reichtum, sondern stellte zugleich fortwährend eine lebensbedrohliche Gefahr da. Schon häufig hatte sich der Küstenverlauf durch Sturmfluten und Meeresspiegelschwankungen sehr verändert. Um 2000 vor Christus zog sich das Wasser schrittweise zurück und gab Landflächen frei. Um 800 nach Christus stieg das Wasser wieder dramatisch an. Ständig änderten sich die Küstenlinien. Das Wasser hat dieses Land geformt, aber auch seinen Charakter.
 

Laag Nederland und Hoog Nederland

Gäbe es keine Deiche und Dünen, so würde die heutigen Niederlande fast zur Hälfte überflutet werden. Ein Viertel des Landes liegt unterhalb des Meeresspiegels. Man spricht von der „niedrigen Niederlande“ („Laag Nederland“) und der „hohen Niederlande“ („Hoog Nederland“). In „Hoog Nederland“ gibt es vor allem Sandböden, Wälder, Grasweiden und sanfte Hügel. „Laag Nederland“ ist flach und führt viel Wasser. Der Boden besteht vor allem aus Moor und Lehm.

An der Küstenlinie befinden sich in der Regel hohe Dünen. Hinter den Dünen landeinwärts liegt meist ein tiefliegendes Gebiet, dann steigt es wieder ein wenig an, um kurz vor der Grenze zu „Hoog Nederland“ in Form eines Seegebietes wiederum tiefer abzufallen. Auch die Gebiete, die fast auf Höhe des Meeresspiegels liegen, sind sehr nass.
 


Warften, Dämme, Polder

Früher wurde das Land häufig überflutet. Aus diesem Grunde war es aber auch besonders fruchtbar. Die ersten Siedler legten künstliche Erhöhungen, kleine Hügel (Warften) an, um darauf zu wohnen. Das fruchtbare Land zwischen den Höfen wurde bei Hochwasser überschwemmt. Um die Ackerflächen vor den Fluten zu schützen wurden bald Dämme zwischen den Warften errichtet. Spezielle Schleusen ließen das Regenwasser ablaufen. Sobald die Polder hinter den Deichen ausgetrocknet waren, sackte ihr Boden ab, bis er schließlich unter dem Meeresspiegel lag.

Für die Polderbewohner wurde es immer schwieriger, ihre Flächen trockenzuhalten. Nicht das Meerwasser war jetzt die größte Gefahr, sondern hochdrückendes Grundwasser und die Niederschläge. Der Kampf gegen das Wasser wurde zur Sisyphusarbeit.
 

Windmühlen

Diese Situation änderte sich erst, als im 16. Jahrhundert die Windmühlen erfunden wurden. Sie waren einst das wichtigste Hilfsmittel für die Trockenlegung der Polder. Diese Mühlen dienten in den Niederlanden in den meisten Fällen nicht zum Mahlen von Getreide, sondern es waren die ersten großen Wasserpumpen der Welt. Die steife Brise der Nordsee trieb die Flügel der Windmühlen an. Über Zahnräder wird die Drehbewegung an das Wasserrad weitergegeben. Wasser konnte somit ca. 1,5 m höher geschöpft werden.

Aber wenn ein Polder noch tiefer liegt, dann reichen 1,5 m nicht aus. Die Niederländer bauten deshalb hintereinander ganze Gruppen von Mühlen, die über ein ausgedehntes Netzwerk von Kanälen das Wasser nach und nach immer höher beförderten, sodass es schließlich über die Deichkrone ins Meer abfließen konnte. Mithilfe dieser Mühlen konnten große Flächen, selbst ganze Seen trockengelegt werden. Würden heutige Pumpen mit ihrer Arbeit aufhören, so stünden bald wieder weite Teile der Niederlande unter Wasser. „Pumpen oder absaufen“ sagen die Niederländer. Auf diese Art wurde ein Großteil der heutigen Niederlande der Nordsee abgerungen.
 


Die Luciaflut

1287 ereignet sich die Luciaflut. Die Deiche im Norden des Landes brachen unter den Wassermassen des Meeres. Die holländische Küstenlinie veränderte sich dauerhaft. An die 50.000 Menschen verloren ihr Leben. Ganze Familien ertranken oder wurden von ihren eingestürzten Häusern erschlagen. Viele Dörfer versanken in den Fluten, allein in Ostfriesland waren es über 30 Dörfer. Schwerste Verwüstungen wurden angerichtet.

Nach der Flut blieb aber das Wasser in Teilen und floss nicht wieder ab. So wurde eine riesige Bucht geschaffen, die weit ins Landesinnere ragte: die Zuiderzee.

Am südwestlichen Ufer der Zuiderzee wurde daraufhin aus dem Fischerdorf Amsterdam eine blühende Stadt, die im 17. Jahrhundert zum wichtigsten Handelszentrum Europas aufstieg. Doch die Stadt hatte immer wieder mit den Fluten zu kämpfen.
 


Der große Deich

Schon 1913 gab es einen Plan zur Schließung der riesigen Bucht, aber erst die Sturmflut drei Jahre später führte zum Umdenken der Behörden. Es wurde beschlossen, die Zuiderzee zu zähmen. Der Ingenieur Cornelis Lely sollte diese Aufgabe bewältigen. Er entwickelte ein gewagtes Projekt: das erste extreme Bauvorhaben der Niederlande. Lely wollte die Nordsee mit einem Deich von der Zuiderzee abtrennen. Auf einer Länge von 30 km sollte das Bauwerk die stürmischen Gewässer teilen. Es war nicht absehbar, ob das Projekt Erfolg haben würde. Tausende Arbeiter wurden eingesetzt und hinzu kam Technik, die überhaupt erst noch erfunden werden musste.

1927 begann der Bau des Deichs, der Nordholland und Friesland wieder miteinander verbinden sollte. Das ganze Land fieberte mit seinen Erbauern. Geplant waren ein breiterer und ein schmalerer Damm aus Lehm. Die 100 m dazwischen sollten mit Sand aufgefüllt werden. Die Dämme aus Lehm mussten allerdings vor der Kraft der anstürmenden Wassermassen geschützt werden. Matten aus Weidengeflecht sollten die Abtragung des Lehms verringern. Tausende Arbeiter fertigten dieses Flechtwerk in mühevoller Handarbeit an. Anschließend wurde das Ganze von Millionen Tonnen Gestein beschwert. Sobald die Dämme gesichert waren, wurde die Senke zwischen ihnen mit Sand gefüllt. Im Jahre 1932, also 5 Jahre nach Baubeginn, wurde die letzte Lücke im Deich geschlossen. Heute führt über den Deich eine 30 km lange, große Straße: auf der einen Seite die Nordsee, auf der anderen ein neu geschaffener Binnensee – das Ijsselmeer. Das Ijsselmeer wird von der Ijssel gespeist. Im Holländischen bedeutet „See" „Meer" und „Meer" „See".
 


Hinter dem großen Deich wurden niedrigere Deiche errichtet, um große Teile des neuen Inlandsees abzutrennen. Jetzt kamen wieder die Pumpen zum Einsatz. Im Verlauf der kommenden 40 Jahre legten die Niederländer im Ijsselmeer eine Fläche von knapp 165.000 ha trocken. Vier riesige neue Polder entstanden. Es war das größte Landgewinnungsprojekt in der Geschichte der Niederlande. Zwischen 10 und 20 Jahren sollte es dauern, bis der Grund trocken genug war, um hier Landwirtschaft zu betreiben oder sogar Häuser zu bauen. Zum ersten Mal mussten sich die Menschen im Norden des Landes nicht mehr ständig vor Sturmfluten fürchten. In einem Sprichwort heißt es im Niederländischen: „Gott schuf Himmel und Erde, die Niederländer haben Holland hinzugefügt."
 

Das Ijsselmeer

Das neu entstandene Ijsselmeer ist relativ flach. An seiner tiefsten Stelle ist es gerade mal 7 Metern tief, wobei es in der Regel nur zwischen 2 und 4 Metern tief ist. Das Ijsselmeer ist ein gewaltiger Süßwassersee und kein Meer, da es keine Ebbe und Flut hat.
 

Dammflüsse

Die Flüsse der Niederländer sind z.T. „Dammflüsse“. Sie entstehen, wenn ein Fluss durch geringeres Gefälle seine Ablagerungen nicht mehr in gleichem Maße abtransportieren kann. Dann verläuft das Flussbett höher als die umgebende Ebene. Seine Dämme wirft es selbst auf, bis es sich einen neuen Weg bahnt. Der Höhenunterschied kann bis zu mehreren Metern zum umliegenden Land betragen. Heute sind diese Flüsse natürlich zusätzlich überall durch Menschenhand eingedeicht.
 

Die Niederlande ohne Kühe?

Das ist fast unmöglich. Saubere Luft, mineralstoffreiches Gras und saftige Weiden: Die Niederlande sind ein Paradies für Milchkühe. Deshalb haben Milcherzeugung und -verarbeitung auch eine fast tausendjährige Tradition: Die erste urkundliche Erwähnung des Gouda-Käses findet sich 1184.

Auch heute noch wird dort über ein Drittel der gesamten Bodenfläche Hollands für Viehzucht und Milchwirtschaft genutzt. Mehr als 600.000 Tonnen Schnittkäse werden jährlich in den Niederlanden produziert, davon gehen rund 500.000 Tonnen ins Ausland. im 17. Jahrhundert schrieb der Dichter Jacob Cats: „Verachtet unser Holland nicht, wir haben schöne Kühe. Aus ihnen süße Milch und Sahne und Butter fließen..."
 

Ein paar Worte auf niederländisch

Null = nul  –   Eins (ein,eine) = een   –   Zwei = twee  -–  Drei = drie  –  Vier = vier  –   Fünf = vijf   –   Sechs = zes   –   Sieben = zeven  –    Acht = acht  –    Neun = negen   –   Zehn = tien
Ja = Ja   –   Nein = Nee  –   Danke = Dank u   –   Vielen Dank = Dank u wel  –    Bitte schön = Niets te danken, geen dank    –    Bitte = Alstublieft   –
Entschuldigen Sie = Excuseert u mij
Guten Tag = Goede dag, Hallo  –    Auf Wiedersehen = Tot ziens  –    tschüß = Vaarwel, Dag, Aju  –  Guten Morgen = Goede morgen  –   Guten Tag = Goede middag  –   Guten Abend = Goedenavond   –   Gute Nacht = Goede nacht
 

Eine Blanco-Karte