Die 6 deutschen Zeitformen und ihre Wandelbarkeit

Die Zeitformen werden in der lebendigen Sprache nicht statisch verwendet. So kommt es durchaus vor, dass man beispielsweise für das Präsens verschiedene Zeitstufen benutzt: Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft sind möglich. Das Perfekt und Präteritum wird je nach Situation gebraucht und mit dem Futur lassen sich u.a. auch nur Vermutungen äußern.

Natürlich gibt es auch Grundstrukturen der Tempi, die im Folgenden näher aufgezeigt werden sollen.

 

Präsens

Hauptverwendung: Gegenwart

Normalerweise verwendet man das Präsens, wenn sich eine Handlung während der Sprechzeit in der Gegenwart abspielt oder andauert.

Beispiel:

Ich lese gerade ein Buch.
Ich stricke eine Schal.

 

Aber auch Zukunft

Mit dem Präsens kann man auch auf eine Handlung hinweisen, die man sich für die Zukunft vorgenommen hat oder die für die Zukunft vereinbart ist. Besonders gerne wird das Futur I durch das Präsens ersetzt, wenn schon an einer anderen Stelle im Satz deutlich gemacht wurde, dass es sich um eine zukünftige Angelegenheit handelt.

Beispiel: Wir fahren in den Ferien in die Bretagne.
Wir gehen morgen an den See zum Schwimmen.

Aber auch  Perfekt/Präteritum (Historisches Präsens)

Man kann das historische Präsens dazu verwenden, etwas, was in der Vergangenheit passiert ist, in die Gegenwart zu holen.

Beispiel: "Was ich dir unbedingt erzählen muss: Gestern stehe ich auf dem Markplatz und da sehe ich doch plötzlich eine riesige Schildkröte vor meinen Füßen über das Pflaster spazieren ..."

Aber auch  Vergangenheit (Allgemeine Aussage)

Sollen allgemeine Aussagen ausgedrückt werden, verwendet man unabhängig davon, ob sie in der Vergangenheit gemacht worden sind, immer das Präsens.

Beispiel: Man erkannte erst gegen Ende des Mittelalters, dass die Erde keine Scheibe ist.

Aber auch als Ausdruck von Gleichzeitigkeit

Durch das Präsens in der Vergangenheit kann Gleichzeitigkeit ausgedrückt werden.

Beispiel: Sie behauptete noch gestern, dass sie gut gelaunt ist.

 

Präteritum (Erzählvergangenheit)

Das Präteritum ist eine Vergangenheitsform, mit der man zum Ausdruck bringen will, dass etwas vollständig abgeschlossen ist. In dieser Zeitform kommt eine gewisse innere Distanz zum Gesagten zum Ausdruck. Daher eignet sich das Präteritum besonders gut für schriftliche Erzählungen, die keinen persönlichen Bezug zum Schriftsteller herstellen wollen. Man verwendet es ebenso in Zeitungsartikeln

Beispiel: Lisa stand vor dem riesigen Turm und lauschte intensiv auf jedes noch so kleine Geräusch.

Die Polizei war innerhalb von 5 Minuten an der Unfallstelle und verschaffte sich zunächst einen Überblick der Lage.

 

Perfekt

Das Perfekt benutzt man am häufigsten in der gesprochenen Sprache. In Unterhaltungen über alltägliche Dinge wählen wir zumeist das Perfekt. Hier würde das Präteritum fremd bzw. überformell klingen.

Beispiel: "Mama, ich habe jetzt mein Zimmer aufgeräumt."

Man würde nicht sagen: "Mama, ich räumte jetzt mein Zimmer auf."

Mit dem Perfekt zeigt der Sprecher eine intensivere Beziehung zum Gesagten.

"Ich muss sagen, dass mir die Ferien mit dir sehr gefallen haben!"
Auch hier würde man nicht das Präteritum wählen: "Ich muss sagen, mir gefielen die Ferien mit dir sehr!"

 

Plusquamperfekt

Das Plusquamperfekt beschreibt in der Regel ein Geschehen oder eine Handlung in der Vergangenheit, die sich ihrerseits vor einer anderen Aktion in der Vergangenheit ereignet hat.

Beispiel: Gestern habe ich endlich meine Blumen gegossen. Zuvor hatte ich es allerdings eine Woche lang vergessen.

Heute wird das Plusquamperfekt jedoch auch häufig einfach durch Perfekt oder Präteritum ersetzt.

Beispiel: Gestern habe ich endlich meine Blumen gegossen. Zuvor habe ich es allerdings eine Woche lang vergessen.

 

Futur I

Das Futur I beschreibt Ereignisse oder Handlungen, die in der Zukunft abspielen sollen. Tatsächlich aber wird das Futur I, wie im ersten Absatz schon erwähnt, durch das Präsens ersetzt.

Beispiel:

Futur I: Nächste Woche werde ich zum Friseur gehen.

Präsens: Nächste Woche gehe ich zum Friseur.

Vermutung

Das Futur I wird dagegen oft bei einer Vermutung über die Gegenwart(!) oder die Zukunft benutzt.

Beispiel:

Vermutung über die Gegenwart:
"Warum ist Paul noch nicht da?" "Ich vermute, dass er wieder einmal den Bus verpasst haben wird!"

Vermutung über die Zukunft:
"Wann wird Paul eintreffen?" "Ich vermute, dass wir ihn schon bald sehen werden."

 

Futur II

Das Futur II wird verwendet, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft etwas abgeschlossen sein wird. Es wird eher selten benutzt.

Beispiel: In einem Jahr werde ich schon meinen Führerschein gemacht haben.

Meistens wird das Futur II in der Umgangssprache durch Perfekt ersetzt.

Beispiel: In einem Jahr habe ich schon meinen Führerschein gemacht.

Vermutung

Wie das Futur I wird das Futur II häufig benutzt, um eine Vermutung auszudrücken. Das Futur II drückt eine Vermutung über die Vergangenheit(!) aus.

Beispiel: "Wo ist Paul?" "Ich vermute, dass er nach Hause gegangen sein wird."