Geheimnisvoller Schwarzwald (Mark Twain)

"Von Baden-Baden aus unternahmen wir einen Ausflug in den Schwarzwald. Die meiste Zeit waren wir zu Fuß unter­wegs. Diese erhabenen Wälder und die Empfindungen, die sie einem einflößen, lassen sich letztlich nicht beschreiben. Eine dieser Empfindungen jedoch ist eine tiefe Zufriedenheit und eine andere ein übermütiges jungenhaftes Entzük-ken und eine dritte, stark hervortretende ist das Gefühl, die Werktagswelt weit zurückgelassen zu haben und von ih­rem Getriebe vollkommen losgelöst zu sein.

Diese Wälder erstrecken sich ohne Unterbrechung über ein gewaltiges Gebiet; und wo man auch hinkommt, sind sie so dicht und so still, so tannig und so duftend. Die Stäm­me der Bäume sind sauber und kerzengerade, und vieler­orts ist der Boden auf Kilometer hin von einem lebhaften grünen Moospolster bedeckt, das nirgendwo vermodert oder zerrissen ist und von keinem abgefallenen Blatt oder Zweig in seiner makellosen Reinheit und Ordentlichkeit gestört wird. Ein sattes, domhaftes Dämmerlicht fällt in die säulenbestandenen Gänge, so dass die verirrten Sonnen­sprenkel, die hier auf einen Stamm und dort auf einen Ast treffen, kräftig hervortreten und das Moos regelrecht zu brennen scheint, wo sie den Boden tüpfeln. Aber die ei­gentümlichste Wirkung und die zauberhafteste bringt das weichgestreute Licht der tiefstehenden Nachmittagssonne hervor; kein einziger Strahl kann dann eindringen, das wei­che Licht aber nimmt Farbe an von Moos und Laub und er­füllt alles mit einem zarten grünen Dunst, der Theaterbe­leuchtung des Märchenlandes. Die Stimmung des Geheim­nisvollen und Übernatürlichen, die zu jeder Zeit über dem Wald liegt, wird durch dieses unirdische Licht noch ein­dringlicher."