Das Wattenmeer

Ebbe und Flut nennt man Gezeiten. Besonders deutlich kann man sie an unserer Nordseeküste beobachten. Sie schaffen eine einzigartige Landschaft, das sogenannte Wattenmeer. Eine Landschaft, weder Land noch Meer. Gut alle 12 Stunden reicht das Wasser vom Ufer bis zum Horizont, dazwischen scheint es, als hätte jemand den Stöpsel gezogen. Das Wasser zieht sich zurück, soweit das Auge reicht. An jeder Stelle im Wattenmeer sinkt und fällt das Wasser zweimal pro Tag, alle 6 Stunden und 12 Minuten. Verantwortlich für die Gezeiten ist vor allem die Anziehungskraft des Mondes und die Drehung der Erde. Mit 450 km Länge ist das Wattenmeer der Nordsee das größte der Welt.

Die Unterschiede der Wasserhöhe bei Gezeiten nennt man Tidenhub. An der Nordsee beträgt der größte Tidenhub an den Elbe -und Wesermündungen über vier Meter. Von Osten dringt das Wasser aus dem Atlantik durch den Ärmelkanal zwischen Norwegen und Schottland in die Deutsche Bucht. Wegen des flach abfallenden Untergrundes in der Nordsee umspült das Wasser bei Flut weite Gebiete und zieht sich wieder zurück.

An der Ostsee hingegen misst man einen Tidenhub von nur etwa 30 Zentimeter. Dies liegt an der geschützten, fast eingeschlossenen Lage der Ostsee. An den meisten Küsten der Erde kann man Flut und Ebbe kaum bemerken, weil der Meeresboden zu schnell nach unten abfällt. In Kanada jedoch gibt es eine Küste, die Bay of Fundy, die einen Rekord-Tidenhub von 21 Metern aufweist.

Auch in der Deutschen Bucht ist der Tidenhub nicht überall gleich. Der mittlere Tidenhub auf Helgoland bemisst sich auf 2 Meter, in Cuxhaven, im Inneren der Deutschen Bucht sind es bereits 3 Meter.

Das Wort „Wattenmeer“ bezeichnet ein Meer, durch das man durchwaaten kann. Das Wattenmeer umfasst 51 Inseln, die unmittelbar vor der holländischen, deutschen oder dänischen Küste liegen. Auf fast keinem anderen Fleck der Erde gibt es so viel tierisches Leben wie hier im Schlick des Watts. Der Wattwurm ist eines der häufigsten Tiere im Wattenmeer und lebt ungefähr 20 cm unter dem Boden. Er frisst am liebsten Sandboden. Dann scheidet er den Sand in langen Würsten wieder aus, der Sand wird dadurch von Algen und Bakterien gereinigt. Jeder Wurm frisst pro Jahr etwa 25 kg Sand.

Die Tiere, die im Watt leben und nicht schwimmen können, wie zum Beispiel Würmer, Muscheln und Krebse, graben sich während der Ebbe in den Sand ein. So können die Vögel sie nicht so gut entdecken und fressen. Die Fische im Wattenmeer schwimmen mit dem abfließen Wasser und kommen mit der Flut zurück.

Viele Zugvögel lassen sich auf ihrem Weg nach Süden oder Norden nieder und fressen sich den Bauch mit Würmern voll. Es ist das vogelreichste Gebiet Europas. Im Wattenmeer leben aber auch zahlreiche Seehunde, Kegelrobben und auch Schweinswale. Sie dürfen nicht gestört oder gejagt werden. Das Wattenmeer wurde zum Weltnaturerbe ernannt - ist also in besonderem Maße schützenswert.
 

Die Halligen

Hallig bedeutet: salziges Land. Der Unterschied zu einer Insel besteht darin, dass eine Insel nicht überspült wird, eine Hallig schon. „Land unter“ - jetzt wird die Hallig blank. Nur die Häuser auf den Hügeln bleiben auf dem Trockenen. Aber bei heftigen Sturmfluten stehen sogar die unter Wasser. Auf Hallig Hooge zum Beispiel wohnen 111 Menschen.
 

Lebensgefahr

Immer wieder geraten Menschen in den Gezeiten in Lebensgefahr. Auf keinen Fall sollte man ohne Führung eine Wattwanderung machen. Das Watt ist für den Urlauber unberechenbar. Wenn der Wasserspiegel bei Ebbe bis zu 4 m fällt, können Wanderer trockenen Fußes kilometerweit über den Meeresgrund der Nordsee spazieren gehen. Doch diese Idylle ist trügerisch, denn zweimal pro Tag holt sich die Flut das Watt wieder zurück.

Besonders tückisch ist, dass das Wasser nicht plötzlich kommt, sondern sich unscheinbar seinen Weg bahnt. Zuerst laufen die Priele voll. Das sind leichte Senkungen, die man bei einer Wanderung zunächst leicht übersieht. Beginnt die Flut, so füllen sich die Priele, während die Sandbänke noch trocken sind. Bald werden aber nicht nur Priele, sondern auch die Sandbänke mit Wasser bedeckt sein. In weniger als 2 Stunden sind alle Priele übergelaufen. Von nun an werden die Sandbänke von allen Seiten immer weiter von Wasser geflutet. In den Prielen fließt das Wasser mit starker Strömung, die eine mitreißen, sobald man den Kontakt zum Boden verliert.

Viele Wattwanderer unterschätzen das Tempo der herannahenden Flut und die Gefahr von Prielen. Käme keine Rettung von der Küstenwache, bestünde größte Lebensgefahr. Wattwanderungen sollte man daher nur mit einem erfahrenen Wattführer machen.