Die drei Organsysteme

Aus: „Das Tier zwischen Mensch und Kosmos", von Frits H. Julius, Verlag Freies Geistesleben 1970

Frits H. Julius stellt in dem folgenden Text Gesichtspunkte zu den drei Organsystemen nebeneinander. Dabei weist er auf übergeordnete Qualitäten hin, die sich im Allgemeinen wieder finden lassen.

 

Stoffwechsel-System

Tiere, bei denen der Nachdruck auf dem Stoffwechsel liegt, sind groß, schwer und ziemlich plump gebaut. Die Beine sind gleichsam vereinfacht, die Finger und die Zehen wenig ausgebildet. Sie werden mit stumpfen oder sogar flachen Enden gegen den Boden gedrückt. Im Gebiss herrschen die Backen­zähne vor, die in erster Linie dazu geeignet sind, zu drücken und zu mahlen. Im Zusammenhang damit ist der Kopf langgestreckt, meist sogar dreieckig. Ein sehr auffallendes Merkmal sind die Auswüchse auf dem Kopf. Bei den Wiederkäuern sind dies Hörner und Geweihe. Diese Auswüchse werden ver­ursacht durch einen Drang des Blutes, so weit nach vorn zu schießen, dass die Grenze des Schädels überschritten wird. Die Neigung, mit dem Kopf zu schie­ben, zu stoßen oder zu schlagen, ist eine unmittelbare Fortsetzung dieses Dran­ges in das Verhalten hinein. Mit den Beinen sind diese Tiere ungeschickt. Sie können keine Gegenstände packen und kaum etwas zu sich herholen. Sie sind eher imstande, Erdklumpen oder bestimmte Dinge wegzuschleudern. Eine auf­fallende Eigenschaft vieler Wiederkäuer, die dem entspricht, ist der Drang, mit der Weite des Raumes zu leben. Dies gilt noch besonders für die For­men, deren Gliedmaßen mehr in den Vordergrund treten und die schlanker gebaut sind. Die Jungen kommen in einem ziemlich ausgetragenen Zustand zur Welt und sind schon bald in der Lage, mitzulaufen. Die Wiederkäuer sind aus­schließlich Pflanzenfresser. Sie suchen also die Nahrung, die der Verdauung den größten Widerstand bietet.

 

Nerven-Sinnes-System

Von den Nagetieren haben wir gelernt, dass die folgenden Kennzeichen auf ein Dominieren des Nerven-Sinnes-Systems hinweisen. Sie sind im Verhältnis zu den Stoffwechseltieren klein. Die Beine sind fein ausgebildet, oft bis in die Finger hinein, so dass sie einen empfindlichen Eindruck machen. Beim Gebrauch der Beine liegt der Nachdruck mehr beim Greifen oder sich Festhalten als beim Abstoßen. An der Haltung fällt sowohl die Neigung, sich zusammenzukrüm­men, als auch das gestreckte Sichaufrichten auf. Im Gebiss stehen die Schneide­zähne im Vordergrund. Im Allgemeinen haben diese Tiere die Neigung, ein verborgenes Leben zu führen. Sie meiden den offenen Raum und richten sich stärker auf die Dinge. Die meisten bauen Höhlen und sogar schöne Nester. Sie haben also das Bestreben, ein Stück des Raumes für sich selbst abzugrenzen. Die Jungen kommen in wenig ausgetragenem, hilflosem Zustand zur Welt. Das ganze Verhalten macht auf uns den Eindruck nervöser Überempfindlichkeit. Die Sinneseindrücke wirken also stark nach innen. Das Verhalten, das einem starken Eindruck folgt, ist oft heftig zurückweichend. Das Tier vergrößert bei der Flucht nicht nur den Abstand zum Gegner, sondern verbirgt sich in einer Höhle. Man denke an dieser Stelle an die Reaktion der großen Stoffwechsel­tiere: sie stürmen oft wild und hemmungslos auf einen Feind los.

 

Rhythmisches System

Die Merkmale, die zum rhythmischen System gehören, sind im Allgemeinen viel schwerer zu erkennen. Die Tiere, bei denen das rhythmische System vor­herrscht, halten in jeder Hinsicht die Mitte. Sie sind z. B. mittelgroß. Die Beine sind nicht lang und nicht kurz und nicht besonders fein ausgebildet, aber auch nicht allzu vereinfacht. Die Bewegungen sind äußerst beherrscht und zielsicher. Eine der auffallendsten Äußerungen dieser Tiere ist der starke, ruhige Blick, der auf ein Gleichgewicht und ein behagliches In-sich-Ruhen hinweist. Weiter findet man bei diesen Tieren den starken Drang zu dominieren, entweder über andere Tiere oder über die Umgebung. Im Gebiss liegt der Nachdruck auf den Eckzähnen. Die Zähne sind spitzig.