Verabschiedung der Vorschulkinder
Ein Beitrag von Christiane Schneider (Waldorfkindergarten Krefeld Fichtenhain)
Verabschiedung unserer Vorschulkinder – bereit, ihre Kräfte zu entfalten und den Weg ins Schulkindsein mutig zu betreten
Als kleine Außengruppe unseres Kindergartens mit insgesamt 14 betreuten Kindern gestalten wir viele Feste und Übergänge in einem eher persönlichen und überschaubaren Rahmen. So fand auch unsere diesjährige Verabschiedung der vier Vorschulkinder im kleinen Kreis statt – liebevoll, individuell und ganz auf unsere Kinder abgestimmt und auf die Projekte, die sie im Laufe ihres Vorschuljahres begleitet haben.
Bereits in den Wochen und Monaten vor der Verabschiedung beginnt eine ganz besondere Zeit für unsere Vorschulkinder. Mit Freude und Hingabe arbeiten sie an ihren Abschlussprojekten – in diesem Jahr entstanden fantasievolle, selbstgebaute Zwergenhäuser, die die Kreativität und Individualität jedes einzelnen Kindes widerspiegeln. Ab Ostern – manchmal auch schon früher – starten wir mit der Vorbereitung der persönlichen Abschiedsgeschenke. Jedes Kind gestaltet eine eigene Kerze, die es mit farbigen Wachsplatten individuell verziert. Passend zu unserem Bienenprojekt rollten die Kinder außerdem eine weitere Kerze aus echtem Bienenwachs. Ein weiteres, ganz besonderes Erinnerungsstück ist ein selbst gewebter kleiner Teppich, den die Kinder am Webrahmen fertigen. Die Eltern der Vorschulkinder treffen untereinander Absprachen zur Tischdekoration sowie zur Auswahl der Speisen und Getränke, um das Fest auch kulinarisch stimmungsvoll zu gestalten.
Auch wir Erzieher bereiten uns intensiv auf diesen besonderen Abschied vor. Wir überlegen, welches Puppenspiel zur Verabschiedung passt – orientiert an den Kindern, ihren Interessen und dem zurückliegenden Projekt. Dazu gestalten wir die Figuren, planen den Ablauf, überlegen uns die passende Kulisse und bereiten alle benötigten Requisiten sorgfältig vor. Für jedes Kind entsteht ein ganz persönliches Fotobuch mit vielen Erinnerungen an die gemeinsame Zeit. Wir vollenden die gewebten Werke, malen ein Bild auf die persönliche Bildermappe und gestalten sogenannte Tierkarten. Ich fragte die Kinder einmal nach ihrem Lieblingstier. Ausgehend davon gestalteten wir die Tierkarten mit passenden Eigenschaften – und überlegten uns, welche dieser Eigenschaften wir auch in den Kindern wiederfinden. Diese Karten werden zur Feier nicht nur überreicht, sondern auch liebevoll besprochen.
Am Tag vor der Feier erhält der Garten besondere Aufmerksamkeit: Er wird gründlich aufgeräumt und der Rosenbogen wird mit Efeuranken geschmückt, bevor er am Morgen der Verabschiedung mit zarten rosa Heckenrosen aus unserem Kindergarten-Garten sowie roten Krepp-Rosen ergänzt wird. Bunte Kreppbänder, wie man sie vom Johannifest kennt, zaubern eine fröhlich-festliche Atmosphäre in unseren Garten. Innen wird der Gruppenraum umgestaltet: Die Tische werden aufgestellt und mit Tischdecken festlich eingedeckt. Auf den vorbereiteten Tischen finden dann alle Abschlussgeschenke ihren Platz: Zwergenhäuser, Bildermappen, Kerzen, Fotobücher, Webstücke, Tierkarten und anderes, was die Kinder an ihre Zeit bei uns erinnern soll. Tücher werden gebügelt, Rosen und Sonnenblumen bereitgestellt, sodass alles bereit ist für einen herzlichen und unvergesslichen Abschied unserer Vorschulkinder. Auch alle notwendigen Accessoires werden bereitgelegt, wie das Glöckchen und das goldene Band.


Noch vor Beginn der eigentlichen Verabschiedung bringen die Eltern verschiedene Leckereien in den Garten und bereiten die Tische für das Buffet vor. In der Zwischenzeit warten wir Erzieher mit den Kindern im Nebenraum, während die Eltern, Geschwisterkinder und Großeltern bereits im Gruppenraum Platz nehmen. Sind alle da, beginnt die Feier. Die Kinder werden einzeln hereingerufen mit dem Lied:
„Herein, herein, wer mag draußen sein?
Liebe/ r …………..- hübsch und fein,
du sollst hier willkommen sein,
setz dich nieder, setz dich nieder.“
Dieses Lied singen wir für jedes Kind. Sobald alle Kinder sitzen, bekommen sie ihre selbstgefilzten Kronen aufgesetzt. Die Kinder haben diese Wochen zuvor mit viel Hingabe gefertigt. Sie wählten selbst die Farben, legten die Wolle, filzten sie eigenhändig. Die Kronen wurden von uns zugeschnitten und mit dem Namen der Kinder bestickt. Zur Übergabe sprechen wir den Spruch:
„Diese Krone nehmt als Zeichen,
wahrhaft sollt ihr sie erreichen,
Liebe, Tapferkeit und Mut-
sie sind des Menschen höchstes Gut.“

Meine Kollegin zündet die selbstverzierten Kerzen der Kinder an und spricht dazu:
„Ehe wir beginnen, tief im Herzen drinnen,
zünden wir ein Lichtlein an, dass es leuchten und strahlen kann.“
Dann begrüße ich alle Anwesenden und spreche einige Worte zur gemeinsamen Kindergartenzeit. Ich erwähne, dass diese Kinder bei uns als „schlaue Füchse“ galten – mit wachen, neugierigen Augen und einem reichen Schatz an Erfahrungen. Mit einem Zitat von Goethe beschließen wir diesen Abschnitt:
„Es gibt zwei Dinge, die wir unseren Kindern mitgeben sollten: Wurzeln und Flügel.“
Dann folgt ein persönlicher Moment. Dabei greife ich die zuvor gestalteten Tierkarten auf: Jedes Kind wird anhand seines Lieblingstieres vorgestellt, und die dazu passenden Eigenschaften werden liebevoll benannt und in Beziehung zum Kind gesetzt. Die Karten werden im Anschluss als Erinnerung überreicht. Danach leiten wir über zum Puppenspiel, dass ich in Anlehnung an unser Bienenprojekt selbst geschrieben habe. Es basiert auf dem Buch „Die kleine Biene Sonnenstrahl“, welches wir den Vorschulkindern regelmäßig in der Ruhezeit vorgelesen haben.
Nach dem Lied:
„Märchenfrau, erzähl uns was, du weißt schon was,
so dies und das, erzähl uns eine Geschichte.“
beginnt das Spiel. Ein Erzieher liest, während der andere die Figuren spielt. Im Anschluss erhalten die Eltern jeder eine Rose – ein Zeichen des Dankes, dass sie uns das Wertvollste anvertraut haben, das sie haben – ihre Kinder. Beim Überreichen der Rosen singen wir:
„Liebe Sonne, liebe Sonne, scheine hell und scheine klar.
Wir wünschen allen Familien ein fröhliches Jahr.“
Bevor es nach draußen geht, haben die Kinder nun Zeit, ihre Abschlussarbeiten und Geschenke auf den festlich gedeckten Tischen genauer zu betrachten. In die selbstgebauten Zwergenhäuser sind bereits Hottinger Zwerge eingezogen und haben dort ein neues Zuhause gefunden. Einige Minuten später erklingt das Glöckchen – ein Zeichen für den Aufbruch. Ich reiche den Kindern ein goldenes Band, an dem sich alle festhalten: Vorn ein Erzieher, dann die Kinder und am Ende wieder ein Erzieher. Gemeinsam singen wir das Lied:

„Wir haben ein goldenes Band, das geht von Hand zu Hand.
Es kommt vom blauen Himmelszelt, wo Gott die funkelnden Sterne hält.
Der Sommer nimmt das Band und zieht es in sein Land;
da leuchtet hell der Sonnenschein im Gras viel tausend Blümelein.
Wir ziehen Hand in Hand wohl in des Sommers Land;
bei Sonnenschein und Blumenblühn, da wollen wir alle tanzen gehen.“
Draußen angekommen beginnt auf der großen Wiese der spielerische Teil: Wir bilden einen großen Kreis mit Eltern und Kindern und singen:
„Rote Kirschen ess ich gern, schwarze noch viel lieber.
In die Schule geh ich gern, alle Jahre wieder.
Hey da, Platz gemach! Für alle jungen Leute.
Sitzt ein Kuckuck auf dem Dach, kommt der Regen macht ihn nass,
Kommt der liebe Sonnenschein, diese Dame/ dieser Herr die/ der soll es sein.”
Ein Vorschulkind läuft außen um den Kreis und sucht sich ein weiteres aus. Beim Refrain legt es die Hand auf den Kopf des nächsten Kindes, das sich anschließt. So entsteht eine wachsende Kinderkette, bis alle eingesammelt sind. Nun gehen die Vorschulkinder, Geschwisterkinder und Erzieher in die Mitte des Kreises und spielen gemeinsam den „Siebensprung”. Mit jeder Strophe wird ein neues Körperteil in die Choreografie eingebunden – von den Füßen, über die Knie bis zu den Ellenbogen – bis man am Ende lachend auf dem Boden liegt. Anschließend ziehen wir – begleitet von dem Lied:

Winde, winde, eine Welle,
dazu singe, klar und helle,
oh, wie erfreuts das Kind,
wenn alle beisammen sind.
Winde, winde, eine Welle,
dazu singe, klar und helle,
oh, wie erfreuts das Kind,
wenn alle gelöset sind.
gemeinsam zum gedeckten Tisch. Dort bedienen - wir Erzieher - die Kinder an ihrem besonderen Tag. Die Erwachsenen essen ebenfalls und nutzen die Zeit für Gespräche, die Kinder spielen nach dem Essen noch ein wenig. Mitgebrachtes eigenes Geschirr und Besteck erspart uns allen das große Aufräumen – jeder nimmt seine Sachen nach dem Fest einfach wieder mit nach Hause. Bevor die Kinder „rausgeworfen” werden nehmen wir uns noch die Zeit für Abschiedsworte: Einige persönliche Worte an die Kinder und auch den Eltern danken wir herzlich – für ihr Vertrauen, ihre Unterstützung und all die kleinen und großen Beiträge zum Kindergartenalltag. Danach heißt es: Türen auf – die Kinder werden durch das Rosentor hinausgeworfen. Beide Erzieher bilden mit ihren Armen eine Art menschliche Schaukel.
Mit dem Spruch
Der Kindergarten ist jetzt aus,
drum schmeißen wir die/ den ......raus.
Du willst jetzt in die Schule geh`n,
Drum sagen wir Auf Wiedersehen!
wiegen wir die Kinder im Rhythmus hin und her, bevor sie – schwungvoll und voller Freude – in die Arme ihrer Eltern “fliegen”. Ein Symbol für den Übergang und ein unvergesslicher Moment. Ein Abschied, der bleibt.