Konzentrationslager
Die Konzentrationslager für Zivilpersonen (Abkürzung: KZ oder KL) wurden in der Zeit des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten von Organisationen der NSDAP errichtet. Es waren schließlich rund 1000 Konzentrations- und Nebenlager sowie sieben Vernichtungslager. Sie dienten der Ermordung von Millionen Menschen, der Unterdrückung politischer Gegner, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit, medizinischen Menschenversuchen und der Internierung von Kriegsgefangenen. Das Lagersystem stellte ein wesentliches Element der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft dar.
Man nimmt heute an, dass etwa zwei Drittel der sechs Millionen Juden, die der deutschen Judenvernichtung, später Shoah bzw. Holocaust genannt, zum Opfer fielen, in Vernichtungs- und Konzentrationslagern direkt ermordet wurden oder dort an Folgen von systematischer Aushungerung, den Misshandlungen und an unbehandelten Krankheiten gestorben sind. Das verbleibende Drittel starb in - von der SS so genannten - Ghettos, bei Massenerschießungen vor allem durch die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei auf den so genannten Todesmärschen.
Es wurden in den Konzentrationslagern auch viele andere Menschen ermordet, wie politische Gegner, Sinti und Roma, Homosexuelle, Zeugen Jehovas, geistig Behinderte und so genannte Asoziale. Die genaue Anzahl der Toten ist bis heute unklar, da die Mörder längst nicht über alle Opfer Akten führten, am Ende des Krieges keine Ermordungen mehr dokumentarisch festgehalten wurden und viele Unterlagen ebenso wie die Zeugen gezielt vernichtet wurden bzw. durch Kriegsereignisse unwiederbringlich verloren gingen.
Neben dieser effizient organisierten Ermordung von Millionen Menschen starben weitere unzählige Opfer durch Zwangsarbeit, Unterernährung, Seuchen und Krankheiten. Weite Zweige der deutschen Industrie profitierten direkt oder indirekt durch das Lagersystem.
Die Nummer, Verlust der Identität
Bei der Aufnahme in ein KZ wurde den Häftlingen nicht nur das Haar und die Privatkleidung genommen, sondern auch der Name. Sie erhielten eine in jedem „Transport" fortlaufende Nummer, die in Auschwitz auch eintätowiert wurde. Damit zählten sie zum Bestand des KZ und konnten „verwaltet" werden. Ab sofort waren sie im Lager nur noch eine Nummer:
„Wenn man es mit einem SS-Mann zu tun hatte, musste man als erstes die Mütze herunterreißen, und seine Nummer laut und deutlich, natürlich auf deutsch, angeben. Ich beginne zu begreifen, welches Glück im Unglück ich habe, fließend Deutsch zu sprechen. Die meisten griechischen und italienischen Juden verstehen keinen Befehl und können nicht einmal ihre Nummer aussprechen. Natürlich können sie auch keine deutschen Lieder singen, die wir, wie zum Hohn, beim Hin- und Rückmarsch von der Arbeit auch noch zum Besten geben müssen. Das ist ausreichend, um brutal geschlagen, manchmal auch totgeschlagen zu werden."
Willy Berler: Durch die Hölle. Monowitz, Auschwitz, Groß-Rosen, Buchenwald. Ölbaum, Augsburg 2003, S. 60.
Zählappelle
Die täglichen Zählappelle vor und nach der Arbeit dienten zunächst der Feststellung der Vollständigkeit der Gefangenen. Durch dieses System wurde ein Vortäuschen der Anwesenheit von fehlenden Häftlingen zum Beispiel durch eine doppelte Meldung erschwert. Fehlten beim Appell Häftlinge, wurde Alarm wegen eines Fluchtversuchs ausgelöst und die äußere Postenkette nach dem Einrücken der Arbeitskommandos zum Beispiel nicht zurückgezogen, um eine weitere Flucht aus diesem gesicherten KZ-Bereich in die Umgebung zu verhindern. Erst bei Vollständigkeit stand nachts die Postenkette nur direkt um den inneren Lagerbereich.
„Um 5.00 Uhr standen wir blockweise - ein Block bestand aus 100 - 150 Häftlingen - auf dem Appellplatz, auf welchem vom Blockältesten die Anzahl der Angetretenen, der Toten, Kranken und nicht mehr Arbeitsfähigen festgestellt wurde. Die Toten wurden auf einer Ecke des Platzes aufgeschichtet. Sie wurden täglich von einem Lastwagen abgeholt und zur Verbrennung in die Krematorien nach Auschwitz-Birkenau gebracht, ebenso auch die meisten nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge. Allein in dem Lager der IG-Farben in Monowitz kamen von 1942 bis 1945 zirka 32.000 Häftlinge zu Tode. Das war die angekündigte Vernichtung durch Arbeit. Danach wurden wir in Arbeitskommandos in einer Größenordnung von 20 - 30, gelegentlich auch von 60 - 80 Häftlingen eingeteilt."
Alex Deutsch: Ich habe Auschwitz überlebt. Homburg 1996, ISBN 3-9801611-3-7.
Beim Aus- bzw. Einmarsch aus dem Lager wurden diese Zahlen an der Torwache wiederholt. Deshalb mussten auch seit dem letzten Appell verstorbene Häftlinge mit zum Appellplatz hin getragen werden. Die Appelle wurden auch als Kollektivstrafe für die Häftlinge eingesetzt.
Medizinische Experimente
An Inhaftierten wurden von Ärzten wie Josef Mengele (Auschwitz) und Robert Ritter (KZ Buchenwald) unter anderem medizinische Experimente vorgenommen, in deren Verlauf die Häftlinge meist qualvoll starben. Sie wurden beispielsweise mit Fleckfieber, Malaria- oder TBC-Erregern infiziert, um Impfstoffe zu testen, ihnen wurden Brandbombenverletzungen zugefügt und an ihnen erfolgten Salzwasserversuche. Der Nürnberger Ärzteprozess fand vom 9. Dezember 1946 bis zum 20. August 1947 vor dem Ersten Amerikanischen Militärgerichtshof in Nürnberg statt. Angeklagt war unter anderem der Abteilungsleiter für Tropenmedizin am Robert-Koch-Institut in Berlin, Gerhard Rose, für die Fleckfieberversuche an Sinti und Roma in Buchenwald. Weiterhin wurde der SS-Hauptsturmführer Waldemar Hoven, Lagerarzt im KZ Buchenwald, angeklagt.