Armut und Hunger vor der Industrialisierung

Aus einer Berliner Zeitung 1771:

"Als in einem Dorf in Böhmen - Mähren ein Pfarrer nach seinem Heu sah, stellte er fest, dass ihm vieles fehlte. Er fand Spuren der Diebe, Um sie zu entdecken, stand er nachts auf und sah zwei Bauern, eine Frau und einen Mann, auf seinen Heuboden gehen. Er folgte ihnen mit einer Laterne. Zu seinem großen Erstaunen fand er die Leute auf seinem Heuboden sitzen. Sie aßen begierig Heu. Dem Pfarrer warfen sie sich zu Füßen und sagten: „Wir sterben vor Hunger. Wir kommen schon die dritte Nacht hierher und haben immer etwas Heu mitgenommen, um es zu kochen." Sie baten um Verzeihung. Dem Pfarrer kamen die Tränen. Er nahm sie mit in sein Haus und gab ihnen zu essen. Für den nächsten Morgen lud er sie wieder zu sich ein. Doch der Mann starb am anderen Tag. Der Pfarrer ließ die Leiche öffnen. Im Magen wurde eine große Portion unverdautes Heu gefunden. Oben drauf befand sich die Speise vom letzten Abend."

 

Vor der Industrialisierung waren in Deutschland fast 80 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft beschäftigt. Die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln hing vor allem von den Ernten ab. Nach schlechten Ernten stiegen die Brotpreise stark an. Ein großer Teil der Löhne musste für Nahrungsmittel ausgegeben werden.

In England waren die Löhne um 1800 fast dreimal so hoch wie in Deutschland. Auch bei einem hohen Brotpreis konnte sich die englische Arbeiterfamilie immer noch besser versorgen als die deutsche. Besucher vom europäischen Festland bestaunten in England vor allem die großen Fabriken und die Dampfmaschinen.