Haus und Wohnung
Epochenhefttext von Sieglinde Roth
Der Inder braucht die Geborgenheit, die der westliche Mensch in seiner Behausung sucht, noch nicht. Wir schaffen uns eine warme, gemütliche Höhle, um uns von der kalten Außenwelt abzuschließen, während man sich in Indien aus einer sonnenheißen Außenwelt in einen möglichst kühlen Unterschlupf zurückzieht: dicke Mauern, hohe Decken, weißgetünchte Wände sind am besten dafür geeignet. Der Inder braucht unsere Form von Gemütlichkeit in einer Wohnung ebenso wenig wie ein Badender einen Pelzmantel.
Die große Mehrheit der Bevölkerung wohnt nicht in den Städten, sondern auf dem Lande - Lehmhütten sind die normale Unterkunft, die sich mit der Landschaft in ihrem Stil ändern. Der Grundplan ist ein rechteckiger Raum, eine Tür, selten Fenster, ein lockeres Dach aus Stroh, ein paar Löcher, durch die der Rauch des Herdes abziehen kann, der Boden aus hartem, glattgestrichenem Kuhdung, der auch als Brennmaterial dient. Die Frauen formen aus dem frischen Dung flache Fladen, die sie an die Außenwand klatschen. Getrocknet werden sie im Ofen verfeuert.