Das Dreikönigsspiel
Ein Beitrag von Rahana Sonneck (Waldorfkindergarten Benefeld)
„...da ging am Himmel ein Stern auf"
Nachdem die Kindergartenkinder in der Vorweihnachtszeit täglich das Krippenspiel, die Anbetung des Jesusknaben durch die Hirten, innig gemeinsam gespielt und erlebt haben, beginnt im neuen Jahr die Dreikönigszeit. Die Krippe auf dem Jahreszeitentisch hat sich entsprechend verändert und auch die Raumgestaltung ist vom dunklen Weihnachtsblau in ein helleres Königsblau umgestaltet worden.
Auf das Dreikönigsspiel freuen sich die Kinder immer besonders, sie haben ein starkes Empfinden dafür, dass es etwas Erhabenes hat, in ein Königskostüm zu schlupfen. Auf einem großen goldenen Stern steht täglich neu geschrieben, welches Kind welche Rolle spielen darf und die Kinder erwarten mit großen Augen diesen wichtigen Moment. Es gibt die Rolle des Sternenengels, Maria und Joseph, die Könige und ihre „Pagis" und eine Engelschar. Die Rolle des Sternenengels und die der Könige ist den angehenden Schulkindern vorbehalten.
Singend ziehen wir nach oben in unseren Eurythmieraum, der nur mit Kerzenlicht erleuchtet ist. Dort ziehen die Kinder ihre Kostüme an. Das Spiel beschreibt in Wort und Gesang, wie die Könige den Stern am Himmel sichten und ihm folgen, mit den Geschenken Gold, Weihrauch und Myrrhe. Die Anbetung und das Überreichen der Gaben und der Rückweg der Könige ins Morgenland wird erlebt. Wie der Engel Joseph aufruft, fortzugehen und die Flucht nach Ägypten, ist der Abschluss.
Es ist oft ergreifend, wie stark sich einige Kinder in ihre Rolle einleben und mit Andacht dabei sind. Durch die tägliche Wiederholung und das Vorbild der Erzieherinnen in innerer Haltung und praktischer Ausführung, erfahren die Kinder im besten Fall ein Weihnachtsgefühl im Sinne Angelus Silesius: „Wird Christus tausendmal in Bethlehem geboren, und nicht in dir, so bleibst dir ewig doch verloren." Für manche Kinder hat dieses Spiel fast einen therapeutischen Charakter. Das Königsgewand verleiht Würde und Verantwortung und auch der frechste Rabauke verwandelt sich mit dieser Aufgabe und kann eine neue Seite in sich wachrufen und sie allen anderen zeigen. Aber auch das schüchterne Kind wird mit der Königsrolle über sich hinauswachsen. Schon oft habe ich in diesem Spiel einige Kinder wie neu kennengelernt. Das Kinder gar nicht in die Stimmung dieses Spieles eintauchen können, ist eher selten.
Durch die Texte und Lieder, die wir gemeinsam im Spiel sprechen und singen, erlernen die Kinder auch die Inhalte, z.B. dass der rote König Melchior heißt und das Gold bringt. Welche Gabe bringt welcher König? Diese und weitere Inhalte unserer christlichen Kultur lernen die Kinder kennen, und finden vielleicht im späteren Leben ihre religiöse Beziehung zum Leben aus Erlebnissen wie diesen. Immer wieder, auch Wochen, sogar Monate später, hören wir Kinder in der Gruppe sagen: „Ich bin der rote König!"