Der Dreischritt

  1. Versuchsbeobachtung (an einem Tag)
  2. Nachklang der Phänomene (mit durch die Nacht)
  3. Versuchserkenntnis (am nachfolgenden Tag)

Unsere heutige Zeit verleitet uns permanent zu Schnellschlüssen und Schnellurteilen. Die Dauer zwischen Wahrnehmung und dem eigenen Urteil gereicht oftmals nur zu einem „Vor“-urteil. Die Phänomene werden passend zum Urteil verbogen: Das menschliche Ich versucht die Phänomenen zu beeinflussen. Zu einem sachgemäßen Urteil gehört jedoch entscheidend, dass man den Phänomenen die Zeit gibt, zu mir zu sprechen. Dies ist die umgekehrte Geste. Mit dem sofortigen „Warum?“ verhindert man das Sprechen der Phänomene. Wir müssen das „Warum?“ sogar einen Augenblick bewusst zurückhalten.

In der Waldorfschule sollte daher nach einem Versuch die Beobachtungsfähigkeit geschult werden, indem man den Versuch schriftlich beschreibt: Ein Schulungsfeld für exakte, flüssige, objektive Formulierungen.

Nun üben die Schüler den bewussten oder unbewussten Verzicht auf das sofortige Urteil, die sofortige Erkenntnis. Die Phänomene sollen in ihrer Reinheit und Klarheit nachklingen können und so mit durch die Nacht genommen werden.

Am Folgetag wird nun eine sachgemäße Erkenntnis formuliert, das „Warum?“ befriedigt.

Diese Methode ist für den Schüler von unschätzbarem Wert, weil neben physikalischem Wissen die Urteilsfähigkeit selbst erst ausgebildet wird. Dadurch erfährt der Mensch einen Aspekt von Mündigkeit.

Ihr Kommentar