Was mag sie uns erzählen?

Die Eiche im Binger Wald hat Wind und Wetter überlebt, Schneebruch.-Blitzeinschläge, sogar den Orkan „Wibke". Käfer nagen an toten Stellen. Doch der Haupttrieb ist gesund und vital. Die 20 Meter hohe und 700 Jahre alte Eiche am Waldrand von Weiler gilt als der älteste Baum des Binger Waldes.

 

Was er uns wohl erzählen kann?

Ein Eichhörnchen macht es sich in einer Baumhöhle im Stamm gemütlich. Eine „Blitzleiste" hat tote Stellen im Holz hinterlassen. Hier können Schädlinge bohren. Aber die knorrige Traubeneiche an der Grenze des Büdesheimer Waldes ist zäh.

Auf 650 bis 700 Jahre schätzen Experten ihr Alter. Im Durchmesser misst sie zwei Meter. Vier Erwachsene sind nötig, will man mit den Armen den Stamm umfassen. Sie ist die dickste Eiche im Wald, der älteste Baum auf 7200 Hektar - ein Rekord-Senior.

Der Samen keimte im späten Mittelalter. Da gehörte der Binger Wald noch der Kirche des heiligen Martinus in Mainz, dem Erzbischof Willigis. Der Baum-Teenie erlebt den Kämpfe zwischen Wittelsbachern, Nassauern, Habsburgern und Luxemburgern um die Königskrone. Mit rund 100 Baum-Jahren (1398) schenkte Erzbischof Johann II von Mainz den Wald der Stadt Singen - da hatte Kolumbus Amerika noch lange nicht entdeckt.

Nur das Jagdrecht wollte die Kirche nicht hergeben. Ein 350 Jahre währender Kampf mit dem Mainzer Domkapitel endet 1810 mit der Entscheidung der französischen Domänen-Verwaltung: Die Gemeinde Büdesheim erhält das 152 Hektar große Waldstück. Mit der Eingemeindung von Büdesheim 1929 als Stadtteil von Bingen ändert unser Baumopa die Anschrift: Als Teil des Büdesheimer Waldes gehört er jetzt zum Binger Stadtwald.

Ob sich unter dem Eichen-Blätterdach Pärchen auf französisch Liebesschwüre zuhauchten? Die knorzige Rinde gibt ihre Geheimnisse nicht preis - glatthäutige Dorflinden sind eine bessere Schreibfläche für eingeritzte Herzen. Verdickungen der rissigen Rinde zeugen von Verletzungen. Äste sind durch Sturm und Blitz abgebrochen, ein Astbruch ist noch ganz frisch. Doch die beiden Haupttriebe sind vital und voll saftig­grüner Blätter. Der Greis kann noch ein paar Jahrzehnte durchhalten, ehe er zu schwach für Krankheiten wird oder seine Untermieter die Oberhand gewinnen.

Würden Förster diese Eiche fällen, könnte man an ihren Jahresringen Trockenperioden, Schädlingsbefall und regenreiche Sommer ablesen: Sind die Linien eng, ließ eine längere Trockenzeit den Baum nur wenig wachsen, wie zuletzt im Sommer 1959.

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